Anwendungsbereich der Ausschlussfrist nach dem TV-Mindestlohn – Urteil des Arbeitsgericht Hamburg
Laut Urteil des Arbeitsgericht Hamburg gilt die sechsmonatige Ausschlussfrist des § 2 nr. 5 des Tarifvertrages zur Regelung der Mindestlöhne für gewerbliche Arbeitnehmer in der Gebäudereinigung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV Mindestlohn) nicht nur, wenn über die Entgelthöhe pro Stunde (also den Stundenlohn) gestritten wird, sondern auch wenn streitig ist, wieviele Stunden der Arbeitgeber zu vergüten hat. Auch wenn er diese mit dem jeweiligen Mindestlohn vergütet.
Zudem soll auf die rechtzeitgie Geltendmachung des Mindestlohnes 167 ZPO Anwendung finden, so dass es ausreichend ist, wenn der Mindestlohn innerhalb der Frist eingeklagt wird, soweit die Klage alsbald zugestellt wird.
Entscheidend ist jedoch die erste Feststellung. Denn im Berich Lohn für gewerbliche Arbeitnehmer im Reinigungsgewerbe gibt es zwei Ausschlussfristen, die dem Wortlaut nach Anwendung finden können. Im Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung“ vom 28.06.2011 (im Folgenden RTV) ist in § 23 nämlich ebenfalls eine Ausschlussfrist wie folgt geregelt:
§ 23 Ausschlussfristen
Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruches, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.
Diese Ausschlusfrist ist eine sogenannte zweistufige Ausschlussfrist, die zunächst binnen zwei Monaten die schriftliche Geltendmachung verlangt und anschließend die Klage, sollte der Arbeitgeber nicht freiwillig zahlen. Sie läuft also früher ab, als die sechsminatige Frist des § 2 Nr. 5 TV-Mindestlohn.
§ 2 Nr. TV-Mindestlohn, der eine Mindestlohn Ausschlussfrist enhält, lautet wie folgt:
§ 2 Mindestlöhne
- (…) 4. Der Anspruch auf den Mindestlohn wird spätestens zum 15. des Monats fällig, der dem Monat folgt, für den der Mindestlohn zu zahlen ist. (…)
- 5. Der Anspruch auf den Mindestlohn verfällt, wenn er nicht innerhalb von sechs Monaten nach seiner Fälligkeit gerichtlich geltend gemacht wird. (…)
Wäre diese Frist anwendbar, so würden die Ansprüche also früher verfallen. Nun könnte man auf die Idee kommen, dass diese Frist nur anwendbar sei, wenn man über den Mindestlohn im Sinne der ZAhlung des Mindestentgeltes pro Stunde streitet aber nicht über die zu vergütenden Stunden. Dies sieht aber zumindest die entscheidende Kammer des Arbeitsgerichts Hamburg nicht so und begründet dies mit einer Auslegung der Tarifverträge und insbesondere mit den Vorgaben aus dem Arbeitnehemrentsendegesetz.
Soweit also der Mindestlohn begehrt wird, ist nach diesem Urteil egal, ob über den Stundensatz oder die Stundenanzahl gestritten wird. Es bleibt aber dabei, dass es grundsätzlich ratsamer ist, auch die zweimonatige Ausschlussfrist einzuhalten. Insbesondere schon, da etwaige über den Mindestlohn hinausgehende Ansprüche innerhalb dieser Frist verfallen.
Mehr zu Ausschlussfristen und deren Gefahren finden Sie in meinem allgemeinen Blogbeitrag zu Ausschlussfristen.
Es ist in solchen Fällen immer ratsam einen Anwalt für Arbeitsrecht, bestenfalls einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu Rate zu ziehen.
Lars Kohnen
Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg
Quelle: Urteil des ArbG Hamburg 27. Kammer, Urteil vom 26.02.2014, 27 Ca 388/13
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