Zwar ist kein Fall genau wie der andere und häufig sind Problemstellungen, die in einem Fall so zu lösen sind, in einem ähnlich gelagerten Fall anders zu betrachten. Allerdings wird unsere Rechtsanwaltskanzlei immer wieder mit bestimmten Fragen bzw. Vorstellungen unserer Mandanten konfrontiert, die häufig nicht den tatsächlichen arbeitsrechtlichen Gegebenheiten entsprechen. Da jedoch nur der, der seine Rechte kennt, oder aber zumindest ein Problembewusstsein für bestimmte Ansprüche hat, diese auch geltend machen kann, möchte ich Ihnen hier zu häufigen, arbeitsrechtlichen Fehlvorstellungen meiner Mandanten kurz Auskunft geben, eventuell geht es Ihnen ja ähnlich. Folgende Fragen, bzw. (Fehl-)Vorstellungen herrschen bei meinen Mandanten im Arbeitsrecht häufig vor:
Während einer Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit kann dem Arbeitnehmer nicht gekündigt werden.
Häufig kommen Arbeitnehmer zu uns in die Kanzlei und zeigen mir eine Kündigung, die ihnen der Arbeitgeber während der Krankheit ausgesprochen hat. Sie sind dann teils der Ansicht, diese sei ja bereits unwirksam, da sie während der Krankheit erfolgte. Leider muss ich dies dann verneinen. Die Kündigung ist zumindest nicht aufgrund des Umstandes unwirksam, dass sie während einer Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen wurde oder zugegangen ist. Denn grundsätzlich kann eine Kündigung zu jeder Zeit und an jedem Ort wirksam erklärt werden.
Häufig ist die Kündigung jedoch aus anderen Gründen unwirksam, oder aber zumindest angreifbar, sodass Sie in jedem Fall die Dreiwochenfrist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage beachten und rechtzeitig einen im Arbeitsrecht tätigen Rechtsanwalt aufsuchen sollten.
Im Urlaub oder während der Weihnachtsfeiertage kann nicht wirksam gekündigt werden.
Hier gilt das Gleiche: Eine Kündigung kann grundsätzlich zu jeder Zeit und an jedem Ort wirksam erklärt werden. Dies gilt auch an gesetzlichen Feiertagen und während des Urlaubs. Allenfalls kommt bei einem für einen Arbeitnehmer besonders beeinträchtigenden Zugangszeitpunkt eine Unwirksamkeit der Kündigung in Betracht. Dies dürfte jedoch eher theoretischer Natur sein.
Dem Arbeitgeber kann auch in der Regel nicht vorgehalten werden, dass er ja von dem mehrwöchigen Urlaub des Arbeitnehmers wusste und die Kündigung daher extra in diesem Zeitraum ausgesprochen hat, damit die Kündigungsschutzklagen-Frist von drei Wochen verpasst wird. Denn in der Regel ist ein Arbeitnehmer gehalten, dafür Sorge zu tragen, dass die Post, die ihm zugesendet wird, auch zur Kenntnis genommen wird.
Unsere Rechtsanwaltskanzlei rät ihren Mandanten daher stets, bei einem längeren Urlaub als zwei Wochen, den Briefkasten regelmäßig durch Verwandte oder Bekannte kontrollieren zu lassen. Insbesondere wenn es schon Anzeichen dafür gibt, dass eine Kündigung im Raume steht. Sollten Sie erst nach einer mehrwöchigen Urlaubsrückkehr von der im Hausbriefkasten eingeworfenen Kündigung Kenntnis erlangen und nicht Vorsorge getroffen haben, so sollten sie sofort reagieren und einen im Arbeitsrecht versierten Anwalt aufsuchen. Eventuell kann die dreiwöchige Frist nach § 4 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) dann noch eingehalten werden. Sollte diese jedoch bereits abgelaufen sein, so besteht eventuell noch die Möglichkeit auf eine nachträgliche Zulassung der Klage vor dem Arbeitsgericht (§ 5 KSchG). Hierzu bedarf es eines besonderen Antrags. Hierauf sollten Sie es jedoch nicht ankommen lassen, da dies ein Sonderfall ist.
Eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung ist unwirksam.
Auch wenn dies häufig der Fall ist, so ist diese Rechtsvorstellung jedoch noch lange nicht immer korrekt.
Festzuhalten ist zunächst einmal, dass eine Abmahnung bei personen- (insbesondere krankheits-) und betriebsbedingten Kündigungen ohnehin nicht Voraussetzung ist. Nur bei verhaltensbedingten Kündigungen ist die Abmahnung von Relevanz.
In der Regel ist bei einer verhaltensbedingten Kündigung dann auch eine Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung Voraussetzung. Wenn allerdings das Fehlverhalten so gravierend war, dass das Vertrauensverhältnis nicht wiederherstellbar ist, kann auch schon bei erstmaligem Fehlverhalten, oder aber bei mehrfachem Fehlverhalten ohne Abmahnung, eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt sein. Dies ist jedoch sehr selten. In der Regel ist die Abmahnung vor einer verhaltensbedingten Kündigung erforderlich, denn sie erfüllt eine Warnfunktion dahingehend, dass bei gleichartigen Pflichtverletzungen gegebenenfalls eine Kündigung folgt.
Wenn zu erwarten ist, dass der Arbeitnehmer sein Verhalten ändert und kein erheblicher Vertrauensverlust vorliegt, ist die Abmahnung dementsprechend vor der Kündigung vorrangig (Ultima-Ratio-Prinzip), bzw. es ist vom Arbeitgeber darzulegen, dass eine Verhaltensänderung eben gerade nicht zu erwarten ist. Hierzu ist aber in der Regel die Abmahnung erforderlich, da ja ansonsten kaum vorhergesagt werden kann, wie sich der Arbeitnehmer verhält. Wenn er allerdings trotz Abmahnung das gleiche Verhalten weiterhin an den Tag legt, so ist ein Schluss darauf zulässig, dass dies auch in Zukunft zu erwarten ist.
Nach drei Abmahnungen darf gekündigt werden.
Dies ist eine weit verbreitete Annahme. Allerdings gibt es auch eine solche Regel im Kündigungsschutzrecht nicht. Vielmehr muss – wie so häufig im Arbeitsrecht – jeder Fall einzeln bewertet werden. Es kann sein, dass schon eine Abmahnung reicht, es kann aber auch sein, dass mehrere Abmahnungen erforderlich sind.
Abmahnungen dienen generell dazu, den Arbeitnehmer für ein konkretes Fehlverhalten zu rügen und ihn gleichzeitig aufzufordern, sich in Zukunft vertragsgemäß zu verhalten. Zudem werden ihm im Wiederholungsfall ernsthafte, arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses angedroht. Erfüllt die Abmahnung diese formalen Voraussetzungen und erfolgt ein weiterer Verstoß, so kann grundsätzlich bereits nach der ersten Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt sein. Es bedarf also nicht drei Abmahnungen.
Als Arbeitnehmer sollten Sie also ab der ersten Abmahnung auf der Hut sein. Andererseits sollten Sie nicht davon ausgehen, dass nur weil drei Abmahnungen erfolgten, die Kündigung gerechtfertigt ist. Überprüft werden kann dies stets. Auch werden bei den Abmahnungen häufig Formfehler gemacht, sodass diese gar nicht wirksam sind. Erfüllt eine Abmahnung die oben genannten Voraussetzungen aber nicht, so kann auf ihrer Grundlage später auch keine wirksame Kündigung ausgesprochen werden. Dies kann auch noch im Rahmen der Kündigungsschutzklage überprüft werden.
Eine zu häufige Abmahnung kann sogar nachteilig sein, da der Arbeitgeber damit zu erkennen gibt, dass er seine Kündigungsandrohung ja doch nicht wahrmacht.
Es kann auch sein, dass ein Arbeitgeber bereits sechs Abmahnungen ausgesprochen hat und dennoch nicht kündigen kann, wenn es sich beispielsweise um stets andere Pflichtverletzungen handelt und / oder die Abmahnungen zeitlich so weit auseinander liegen, dass sie sich zwischenzeitlich erledigt haben.
Der Arbeitgeber muss seine Kündigung im Kündigungsschreiben begründen.
Auch diese Vorstellung ist falsch. Die Nichtangabe des Kündigungsgrundes macht die Kündigung nicht unwirksam. Der Arbeitgeber ist zwar verpflichtet, dem Arbeitnehmer den Kündigungsgrund mitzuteilen. Er muss dies jedoch nur nach Aufforderung durch den Arbeitnehmer tun. Dies soll den Arbeitnehmer in die Lage versetzen, zu prüfen, ob die Kündigung rechtmäßig ist. In der Praxis teilen Arbeitgeber die Kündigungsgründe jedoch häufig erst im Rahmen einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht mit.
Etwas anderes gilt jedoch bei Kündigungen von Schwangeren oder Auszubildenden. Diese sind tatsächlich nur dann wirksam, wenn im Kündigungsschreiben der Kündigungsgrund angegeben wurde.
Arbeitgeber brauchen immer einen Kündigungsgrund.
Leider ist auch dies ein Irrtum. Arbeitgeber benötigen nur einen Kündigungsgrund, wenn das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) anwendbar ist. Dies ist nicht der Fall, wenn das Arbeitsverhältnis noch keine sechs Monate gedauert hat. Entscheidend ist insofern der Zugang der Kündigung. Die Dauer des bestehenden Arbeitsverhältnisses ergibt sich nicht aus dem Datum, an dem der Arbeitsvertrag geschlossen wurde, sondern wird gezählt ab dem tatsächlichen Beschäftigungsbeginn.
Auch in kleinen Betrieben, die nicht mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigen, ist das Kündigungsschutzgesetz grundsätzlich nicht anwendbar. Die Regelungen hierzu finden sich in § 23 KSchG. Dies ist jedenfalls für Neueinstellungen ab dem 01.01.2004 der Fall. Für Altangestellte kann es noch auf die geringere Zahl von fünf Arbeitnehmern ankommen. Dies ist jedoch immer seltener der Fall. Bei der Feststellung der Zahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer ebenfalls zu berücksichtigen. Arbeiten diese regelmäßig nicht mehr als 20 Stunden, zählen sie mit 0,5 und arbeiten sie nicht mehr als 30 Stunden, mit 0,75.
Auch wenn das Arbeitsverhältnis aus anderen Gründen beendet wird, kann es sein, dass der Arbeitnehmer trotz Vorliegens der vorgenannten Voraussetzungen keinen Kündigungsschutz genießt. Dies kann zum Beispiel bei Befristungen der Fall sein. Allerdings ist auch hier zu prüfen, ob die Befristung tatsächlich wirksam vereinbart wurde.
Andererseits kann es sein, dass ein Arbeitnehmer Kündigungsschutz außerhalb der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (Allgemeiner Kündigungsschutz) genießt. Wenn nämlich der Arbeitnehmer besonderen Kündigungsschutz genießt, wie dies beispielsweise bei Schwangeren der Fall ist. Dieser besondere Kündigungsschutz besteht auch in kleinen Betrieben .
Wenn keine Probezeit vereinbart wurde, besteht von Beginn an Kündigungsschutz.
Häufig wird die Vereinbarung einer Probezeit von der Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes nicht hinreichend unterschieden. Mandanten, die eine Probezeit, beispielsweise von drei Monaten, vereinbart haben, meinen, anschließend Kündigungsschutz zu genießen. Gleiches gilt für Mandanten ganz ohne Probezeit. Hier ist jedoch die Probezeit (§ 622 BGB) von der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (§ 23 KSchG) streng zu unterscheiden. Es ist nur zufällig der gleiche Zeitraum von sechs Monaten, die meistens eine Probezeit beträgt.
Der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz greift, ebenso wie der Kündigungsschutz für Schwerbehinderte, erst nach einer Wartezeit von sechs Monaten. In diesen sechs Monaten kann der Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis grundsätzlich ohne Kündigungsgrund – unter Beachtung des Verbots treu-, oder sittenwidriger Kündigungen – kündigen. Einen Kündigungsgrund braucht er erst danach. Dies gilt auch für den Fall, dass mit dem Arbeitnehmer keine Probezeit, oder eine kürzere Probezeit als sechs Monate, vereinbart wurde. Die Probezeit betrifft grundsätzlich vielmehr die Frage, ob die Kündigungsfrist während dieser Zeit verkürzt werden kann. Gleichzeitig kann allerdings auch – obwohl eine Probezeit vereinbart wurde – bereits besonderer Kündigungsschutz beispielsweise für Schwangere bestehen, sodass zwar eine kürzere Kündigungsfrist wegen der Probezeit gelten würde, der Arbeitnehmer aber dennoch (besonderen) Kündigungsschutz genießt.
Arbeitsverhältnisse können mündlich, per E-Mail oder per Telefax gekündigt werden.
Hier gilt § 623 BGB: Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen. Dies gilt im Übrigen sowohl für die Kündigung durch den Arbeitgeber, als auch für die Kündigung durch den Arbeitnehmer. Wie dem Gesetz zu entnehmen ist, gilt das Schriftformerfordernis auch für einen Aufhebungsvertrag. Arbeitsverhältnisse müssen also immer schriftlich beendet werden. Dies bedeutet in Papierform und versehen mit der Originalunterschrift des Kündigenden. Eine Kündigung per Fax, E-Mail, PDF, Telegramm, SMS, Whatsapp oder ähnlichem ist daher bereits aus diesem Grund unwirksam. Egal ob in einem Kleinbetrieb, oder ob der Arbeitnehmer nur zehn Tage beschäftigt war. Es ist vollkommen egal, ob das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist, oder nicht – die Schriftform muss stets eingehalten werden. Zudem kann die Schriftform nach § 623 BGB auch nicht durch individuelle Vereinbarungen, Tarifvertrag, oder Betriebsvereinbarung umgangen werden.
Arbeitsverträge müssen schriftlich geschlossen werden.
Zu seiner Wirksamkeit bedarf ein Arbeitsvertrag, anders als die Kündigung, oder Aufhebung des Arbeitsvertrages, keiner Form. Ein Arbeitsverhältnis kann auch per Fax, E-Mail, mündlich oder durch schlüssiges Verhalten (man fängt an zu arbeiten und erhält Geld dafür) geschlossen werden. Es kann jedoch vorkommen, dass in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen Schriftformerfordernisse bestehen, die den Abschluss eines Arbeitsvertrages betreffen.
Mit einer Klage kann ich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist warten.
Dieser Irrtum ist zwar nicht weit verbreitet, jedoch besonders gefährlich. Gegen eine Kündigung müssen Sie sich binnen drei Wochen mit einer Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht wehren. Nach Ablauf dieser Frist können Sie die Kündigung nicht mehr angreifen, allenfalls in Ausnahmefällen gibt es die Möglichkeit einer nachträglichen Zulassung der verspäteten Klage. Insofern bitte ich auch zu beachten, dass dies auch gilt, wenn Sie im Urlaub sind, oder krank (s.o.).
Wenn der Betriebsrat der Kündigung nicht zustimmt, ist diese unwirksam.
Für die Wirksamkeit der Kündigung kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Betriebsrat dieser zustimmt oder nicht. § 102 BetrVG schreibt lediglich vor, dass der Betriebsrat angehört werden muss. Eine Kündigung, die ohne eine solche Anhörung erfolgte, ist unwirksam. Das Gleiche ist der Fall, wenn die Anhörung des Betriebsrats zwar erfolgte, aber fehlerhaft.
Ob die Kündigung erfolgt, oder nicht, kann jedoch der Betriebsrat nicht entscheiden, sondern allein der Arbeitgeber. Wenn der Betriebsrat der Kündigung jedoch nicht zustimmt, sondern widerspricht, verbessert sich dennoch die Rechtsposition des Arbeitnehmers. Denn in einem solchen Fall kann ein entsprechender betriebsverfassungsrechtlicher Weiterbeschäftigungs-anspruch durch den Arbeitnehmer geltend gemacht werden.
Dem Arbeitnehmer eröffnet sich die Chance, bis zum rechtskräftigen Abschluss eines eventuellen Kündigungsschutzprozesses im Betrieb zu verbleiben. Selbst wenn sich die Kündigung dann als wirksam erweisen sollte, hat er während der Dauer des Rechtsstreits (ab dem erstinstanzlichen Urteil) weiterhin im Betrieb gearbeitet und Arbeitslohn verdient.
Dies kann sich einerseits entscheidend auf die soziale Absicherung während dieser Zeit auswirken, gegebenenfalls auch eine Zeit bis zum Renteneintritt überbrücken. Zudem wird hierdurch auch ein entsprechender Druck auf den Arbeitgeber aufgebaut werden können, was sich positiv bei Abfindungsverhandlungen auswirkt. Auch ist positiv, dass der Arbeitnehmer im Falle des Obsiegens im Kündigungsschutzprozess durchgehend im Betrieb integriert bleibt und kein Know-How verliert. Dies ist jedoch selten der Fall, da die meisten Kündigungsschutzprozesse mit Abfindungsvergleichen beendet werden.
Nach einer Kündigung haben Arbeitnehmer Anspruch auf eine Abfindung
Zwar wird – wie gerade beschrieben – in den meisten Fällen eine Abfindung nach einer Kündigung gezahlt. In der Regel gibt es einen entsprechenden Anspruch hierauf jedoch nicht. Ein solcher Anspruch kann beispielsweise bestehen, wenn zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ein Sozialplan ausgehandelt wurde. In seltenen Fällen kann das Arbeitsgericht auf Antrag auch das Arbeitsverhältnis auflösen und dem Arbeitnehmer eine Abfindung zusprechen. Diese Fälle sind jedoch eher die Ausnahme.
Die üblichen Fälle sehen so aus, dass der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis kündigt. Ein Anspruch auf Abfindung besteht nicht. Der Arbeitnehmer kann sich jedoch gegen die Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage wehren. Im Rahmen dieses Kündigungsschutzprozesses wird dann häufig ein Vergleich dahingehend geschlossen, dass der Arbeitnehmer die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung akzeptiert und der Arbeitgeber sich im Gegenzug verpflichtet, eine Abfindung zu zahlen.
Grundsätzlich dient das Kündigungsschutzgesetz allerdings nur dem Schutz des Arbeitsplatzes und normiert keinen Abfindungsanspruch. Häufig geht die Interessenlage der Parteien jedoch dahin, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht mehr im Betrieb haben möchte und auch der Arbeitnehmer nicht wirklich an seinem Arbeitsplatz festhalten möchte, sodass er sich bei Zahlung einer entsprechend hohen Abfindung bereit erklärt, die Kündigung zu akzeptieren. Die Höhe der Abfindung hängt insbesondere von den Erfolgsaussichten der gegen die Kündigung gerichteten Klage, sowie vom sogenannten Annahmeverzugslohnrisiko des Arbeitgebers ab. Nähere Informationen hierzu finden Sie in meinem Text zur Abfindung.
Die Abfindung ist auf das Arbeitslosengeld anzurechnen.
Dies höre ich häufig und immer wieder. Es ist und bleibt jedoch falsch. Generell ist eine Abfindung nicht auf das Arbeitslosengeld anzurechnen. Allerdings ist bei einem entsprechenden Vergleich darauf zu achten, dass die Kündigungsfrist nicht verkürzt wird. In einem solchen Fall kann es gemäß §158 SGB III zu einem Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs bei Zahlung einer Abfindung kommen. Dies ist allerdings im weiteren Sinne auch kein Anrechnen, sondern nur ein Ruhen. Das Arbeitslosengeld wird dann erst ab einem späteren Zeitpunkt erfüllt. Zu beachten ist, dass während dieser Ruhenszeit kein Kranken- und kein Pflegeversicherungsschutz besteht und keine entsprechenden Beiträge abgeführt werden. Ein solcher Ruhens-Zeitraum verkürzt jedoch nicht den generellen Bezugs-Zeitraum vom Arbeitslosengeld. Sollte also der Arbeitslosengeld-Zeitraum vollständig ausgeschöpft werden, würde gleich viel Arbeitslosengeld gezahlt werden. In dem Fall allerdings, in dem vorher bereits eine neue Arbeitsstelle gefunden wird, würde es im Rahmen des Ruhens tatsächlich zu einer geringeren Zahlung von Arbeitslosengeld kommen. Vor diesem Hintergrund empfehle ich stets, im Vergleich die Kündigungsfrist nicht zu verkürzen.
Von dem zeitlich befristeten Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld ist im Übrigen die Verhängung einer Sperrzeit zu unterscheiden. Hier ist neben den vorgenannten Erläuterungen zusätzlich mit einer Verkürzung des Arbeitslosengeldanspruchs zu rechnen. Bei einer Sperrzeit, beispielsweise wegen Arbeitsaufgabe oder Abschluss eines Aufhebungsvertrages, ist es so, dass nicht nur drei Monate später gezahlt wird, sondern diese Zeit auch nicht „hinten dran gehängt wird“, es insgesamt also tatsächlich weniger Arbeitslosengeld gibt.
Bei Aufhebungsverträgen ist daher besondere Aufmerksamkeit geboten. Durch bestimmte Gestaltungswege lässt sich hier gegebenenfalls eine Sperrzeit vermeiden.
Zusammenfassung – Tipp vom Rechtsanwalt für Arbeitsrecht
Man könnte die Liste der Rechtsirrtümer und Fragen noch beliebig weiter führen. Dies sind jedoch die häufigsten, die mir immer wieder begegnen. Insofern möchte ich jedoch noch anmerken, dass Arbeitnehmer häufig der Ansicht sind, dass bestimmte Regelungen im Arbeitsvertrag zu beachten sind. Auch dies ist jedoch nicht immer richtig, da Arbeitgeber häufig Regelungen treffen, die bei genauerer Betrachtung bzw. Überprüfung durch das Arbeitsgericht unwirksam sind.
Natürlich kann man seine Rechte aber nur wahrnehmen, wenn man um diese weiß. Sollten Sie daher nicht sicher sein, ob alles mit rechten Dingen zugeht, informieren Sie sich bitte rechtzeitig und beachten insbesondere die Dreiwochenfrist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage, sowie etwaige Ausschlussfristen im Arbeitsvertrag oder einem anwendbaren Tarifvertrag. Nach Ablauf dieser Fristen kann Ihnen in der Regel auch der beste Anwalt nicht mehr helfen.
Jeder Rechtsanwalt wird Sie im Übrigen vorab über etwaige Kosten des Beratungsgesprächs aufklären, sodass Sie entscheiden können, ob es sinnvoll ist, diese Beratung in Anspruch zu nehmen, oder nicht.
Lars Kohnen
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg