Mit Urteil vom 12.07.2016 erteilte das Bundesarbeitsgericht dem Verlangen der Klägerin, das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen ihr und der Beklagten festzustellen, eine Absage.
Ein Arbeitsverhältnis war nach Ansicht der Klägerin zustande gekommen, weil die Vertragsarbeitgeberin (Verleiher) und die Beklagte (Entleiher) ihrer Meinung nach eine verdecke Arbeitnehmerüberlassung vorgenommen hatten. Die Überlassung war nämlich nicht als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag, sondern als Werkvertrag bezeichnet worden. Im Einzelnen:
Inhaltsverzeichnis
Verdeckte Arbeitnehmerüberlassung
Die Klägerin war zwischen 2004 und 2013 als technische Zeichnerin bei der Beklagten, einem Automobilunternehmen, tätig. Dieses Automobilunternehmen hatte mit der Vertragsarbeitgeberin eine als Werkvertrag deklarierte Vereinbarung getroffen, nach welcher die Klägerin für das Automobilunternehmen eingesetzt werden können sollte. Die Vertragsarbeitnehmerin verfügte zwar über die nach § 1 I 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) erforderliche Erlaubnis, einem Dritten Arbeitnehmer als Leiharbeitnehmer gewerblich zu überlassen, dennoch wurde der Vertrag. nicht als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag sondern als Werkvertrag bezeichnet.
Die Klägerin hatte nun argumentiert, dass es sich hierbei um Schein-Werkverträge gehandelt habe, um die Arbeitnehmerüberlassung zu verdecken. Aus diesem Grund könne sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass die Vertragsarbeitgeberin über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung verfüge und es wäre zwischen dieser und der Klägerin ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen.
BAG: Verdeckte Arbeitnehmerüberlassung führt nicht zu Arbeitsvertrag mit Entleiher bei Vorliegen einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung
Das Bundesarbeitsgericht urteilte indes anders. Zwischen Klägerin und Beklagter sei auch dann kein Arbeitsvertrag zustande gekommen, wenn es sich bei dem Vertrag zwischen der Beklagten und der Vertragsarbeitgeberin um einen Schein-Werkvertrag und damit um eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung gehandelt habe. Dies begründete das Gericht damit, dass es vor allem auf das Vorliegen der Erlaubnis einer Arbeitnehmerüberlassung ankomme. Liege diese vor, könne auch dann kein Arbeitsvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten fingiert werden, wenn die Vertragsarbeitgeberin von der ihr vorliegenden Erlaubnis eigentlich keinen Gebrauch machen wollte, es sich also um eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung gehandelt habe.
Das Gesetz regele lediglich den Fall einer fehlenden Erlaubnis zur gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung dahingehend, dass gem. § 10 I 1 AÜG in Verbindung mit § 9 Nr. 1 AÜG das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses fingiert werde.
Eine Anwendung auf Fälle, in denen eine Erlaubnis zur gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung zwar vorhanden sei, von dieser Erlaubnis jedoch kein Gebrauch gemacht werde, sondern vielmehr Werkverträge vereinbart werden, sei hingegen gesetzlich nicht vorgesehen. Auch eine analoge Anwendung komme nicht in Betracht, hierfür fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber habe für eine solche nicht offene Arbeitnehmerüberlassung bewusst nicht die Rechtsfolge der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher angeordnet.
Quelle: Bundesarbeitsgericht, Urteil v. 12.07.2016 – 9 AZR 352/15, Pressemitteilung Nr. 35/16