Neues Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 12.07.2016
In dieser Entscheidung beschäftigte sich das Bundesarbeitsgericht mit dem Umfang des in § 83 I 1, 2 BetrVG normierten Rechts auf Einsichtnahme in die Personalakten. Dort heißt es, dass der Arbeitnehmer berechtigt ist, unter Hinzuziehung eines Mitglieds des Betriebsrats Einsicht in die Personalakte zu nehmen. Die Entscheidung gibt nun Aufschluss über die Frage, ob § 83 I 1, 2 BetrVG das Einsichtsrecht abschließend regelt, oder der hinzuziehbare Personenkreis unter bestimmten Voraussetzungen erweitert werden kann.
Einsichtnahme gewährt, Fertigung von Kopien erlaubt
Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nach einem Betriebsübergang war der Kläger als Lagerist bei der Beklagten beschäftigt. Bereits von seinem alten Arbeitgeber hatte er eine Ermahnung erhalten, woraufhin er bei seinem Arbeitgeber nun Einsicht in seine Personalakte unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts begehrte. Dies hatte der alte Arbeitgeber des Klägers unter Berufung auf sein Hausrecht abgelehnt. Er hatte ihm jedoch gestattet, selbst Einsicht zu nehmen und Kopien der in seiner Personalakte befindlichen Schriftstücke zu fertigen.
Anspruch auf Hinzuziehung eines Rechtsanwalts?
Der Kläger war jedoch der Meinung, dass sich der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Hinzuziehung seines Rechtsanwalts aus der arbeitgeberseitigen Schutz- und Rücksichtnahmepflicht gem. § 241 II BGB, sowie aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gem. Art. 2 I, 1 I GG ableite.
Mit diesem Begehren hatte der Kläger jedoch in allen Instanzen keinen Erfolg. So hatte das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Sodann hatte das Landesarbeitsgericht auch die Berufung zurückgewiesen, da das Einsichtsrecht in die Personalakten in § 83 BetrVG abschließend und ausschließlich geregelt sei. Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Einsichtnahme in die Personalakten unter Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes bestehe nicht.
83 BetrVG erlaubt Hinzuziehung Betriebsrat, jedoch nicht von Anwalt
Auch die Revision blieb erfolglos. § 83 BetrVG begründe keinen Anspruch des Arbeitnehmers auf Einsichtnahme unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts. Ein solcher Anspruch des Arbeitnehmers folge jedenfalls dann weder aus der Rücksichtspflicht des Arbeitgebers noch aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer erlaubt, für sich Kopien von den Schriftstücken in seinen Personalakten zu fertigen. In diesem Fall sei dem einem Beseitigungs- oder Korrekturanspruch vorgelagerten Transparenzschutz genüge getan, dem das Einsichtsrecht des Arbeitnehmers in die Personalakten diene. Die durch den alten Arbeitgeber gestattete Einsichtnahme in die Personalakte und das zusätzlich gestattete Recht, Kopien anzufertigen, binde gem. § 613 a I 1 BGB auch den neuen Arbeitgeber des Klägers, weshalb dieser ausreichend geschützt sei. Anhand der Kopien sei es ihm ohne Weiteres möglich, den Inhalt seiner Personalakte mit einem Rechtsanwalt zu erörtern.
Fazit
Ein Anspruch auf Hinzuziehung von Anwälten lässt sich aus dem Einsichtnahmerecht des § 83 I 1, 2 BetrVG nicht herleiten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dem Arbeitnehmer die Anfertigung von Kopien der in seiner Personalakte befindlichen Schriftstücke gestattet wird.
Quelle: BAG, Urteil v. 12.07.2016 – 9 AZR 791/14, Pressemitteilung Nr. 36/16